Feb 9, – Mar 18, 2023, Ballgasse 6, 1010 Vienna, Austria (map)
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Die gegenwärtig penetrante Überschwemmung mit visuellen Reizen, die unsere Aufmerksamkeit unmittelbar fesselt, gefangen nimmt, süchtig und unruhig macht, verkrümmt und verkümmern lässt. – Pause. – Entzug. Abstinenz. Klarheit. Radikalität. Disziplin. Sorgfalt. Liebe: Das gelingt diesen Exponaten. Wie? Bestimmte Bildpraktiken haben sich durch die neuen Technologien verbreitet wie ein Lauffeuer. Mit Max Imdahl ge- sprochen sind wir durch die ständige Verfügbarkeit von Möglichkeiten des Erzeugens, Bearbeitens, Speicherns und Verbreiten von Bildern geübt im „sehenden Sehen“: Die Alltagspraxis hat sich ausdifferenziert und kommt in manchen Aspekten der professionellen näher: Viele können Bilder professionell wirken lassen, ästhetisch, auffällig. Letztlich führt dies allerdings zu formaler Konvergenz. Georgs Bilder setzen hier einen Kontrapunkt. Sie sind – um noch einmal Imdahl zu bemühen – ikonisch komplexer, differenzierter, nicht (immer) vertraut. Subtil. Mich beruhigen und erfrischen die Bilder. Ich kann etwas anschauen ohne es zu konsumieren.
Ich habe auch etwas gelernt: Das Drücken des Auslösers ist das Kippen der Emotion, ein Affekt, eine Diskon- tinuität. Oft enttäuscht das Ergebnis, weil wir das Kippen, das Einzufangende im Resultat nicht finden.
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Überhaupt sind die Blicke wichtig. Im Blick berühren einander die abbildenden und abgebildeten Bildproduzent:innen. Die schwangere Schwester posiert ohne zu posieren, ist ganz bei sich, vollkommen vertraut, ein wenig gelangweilt, hingegeben. Die Inszenierung an die Schaumgeborene angelehnt und zugleich ganz unverfroren häuslich, unprofessionell.
Und: Georgs Fotos feiern das Foto als Belichtung. Alle entstehen aus der Nähe des Übergangs von Tag und Nacht, Sonnenlicht und Dunkelheit. Viele geblitzt. Anachronistisch bei der Empfindlichkeit gegenwärtiger Digitaltechnologie. Mehr aber noch ein Hinweisen auf die Belichtung. Die Überbelichtung von Vater und Mutter spiegelt ihr Sie-radikal-ins-Licht-Stellen. Weich im Sonnenuntergang zugleich hart im Blitz. Die über- gegensätzliche Belichtung wiederholt zugleich ihre Nähe zum abbildenden Bildproduzenten wie die Distanz zum Fotografiert-werden, sowie Unbeholfenheit bei gleichzeitiger Gelassenheit in der Situation. (...)
Aus dem Ausstellungstext von Aglaja Przyborski, Professorin für Psychotherapie, Bertha von Suttner Universität, St. Pölten
Feb 9, – Mar 18, 2023, Ballgasse 6, 1010 Vienna, Austria (map)
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Die gegenwärtig penetrante Überschwemmung mit visuellen Reizen, die unsere Aufmerksamkeit unmittelbar fesselt, gefangen nimmt, süchtig und unruhig macht, verkrümmt und verkümmern lässt. – Pause. – Entzug. Abstinenz. Klarheit. Radikalität. Disziplin. Sorgfalt. Liebe: Das gelingt diesen Exponaten. Wie? Bestimmte Bildpraktiken haben sich durch die neuen Technologien verbreitet wie ein Lauffeuer. Mit Max Imdahl ge- sprochen sind wir durch die ständige Verfügbarkeit von Möglichkeiten des Erzeugens, Bearbeitens, Speicherns und Verbreiten von Bildern geübt im „sehenden Sehen“: Die Alltagspraxis hat sich ausdifferenziert und kommt in manchen Aspekten der professionellen näher: Viele können Bilder professionell wirken lassen, ästhetisch, auffällig. Letztlich führt dies allerdings zu formaler Konvergenz. Georgs Bilder setzen hier einen Kontrapunkt. Sie sind – um noch einmal Imdahl zu bemühen – ikonisch komplexer, differenzierter, nicht (immer) vertraut. Subtil. Mich beruhigen und erfrischen die Bilder. Ich kann etwas anschauen ohne es zu konsumieren.
Ich habe auch etwas gelernt: Das Drücken des Auslösers ist das Kippen der Emotion, ein Affekt, eine Diskon- tinuität. Oft enttäuscht das Ergebnis, weil wir das Kippen, das Einzufangende im Resultat nicht finden.
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Überhaupt sind die Blicke wichtig. Im Blick berühren einander die abbildenden und abgebildeten Bildproduzent:innen. Die schwangere Schwester posiert ohne zu posieren, ist ganz bei sich, vollkommen vertraut, ein wenig gelangweilt, hingegeben. Die Inszenierung an die Schaumgeborene angelehnt und zugleich ganz unverfroren häuslich, unprofessionell.
Und: Georgs Fotos feiern das Foto als Belichtung. Alle entstehen aus der Nähe des Übergangs von Tag und Nacht, Sonnenlicht und Dunkelheit. Viele geblitzt. Anachronistisch bei der Empfindlichkeit gegenwärtiger Digitaltechnologie. Mehr aber noch ein Hinweisen auf die Belichtung. Die Überbelichtung von Vater und Mutter spiegelt ihr Sie-radikal-ins-Licht-Stellen. Weich im Sonnenuntergang zugleich hart im Blitz. Die über- gegensätzliche Belichtung wiederholt zugleich ihre Nähe zum abbildenden Bildproduzenten wie die Distanz zum Fotografiert-werden, sowie Unbeholfenheit bei gleichzeitiger Gelassenheit in der Situation. (...)
Aus dem Ausstellungstext von Aglaja Przyborski, Professorin für Psychotherapie, Bertha von Suttner Universität, St. Pölten