Georg Petermichl / Claudia Rohrauer / Anja Ronacher
Eröffnung: 15. März, 19:30 Uhr
Ausstellungsdauer: 16. März − 28. April 2018
FOTOHOF / Inge-Morath-Platz 1-3 / 5020 Salzburg / Austria (link) (map)
Meine Ausstellungen bedienten sich in der Vergangenheit oft einmal der Position des Ausstellungsfotografen bzw. der Ausstellungsfotografin und suchen damit die Perspektive von signifikanten Nebendarstellern in der zeitgenössischen Kulturlandschaft.
Mit auffälligem Verhalten schleichen diese Gestalten durch die Ausstellung und kämpfen mit deren räumlichen Grenzen. Sie sind getrieben – von persönlichen Affekten einerseits und der Technokratie andererseits, die ihrem Medium eigen ist. Die Fallhöhe in den künstlerischen Inhalt ihrer Sujets überlassen sie dem Intellekt der anderen. Denn dieser Graben ist in ihrem Kopf bereits mit feinen Layern überzogen, deren Bearbeitungsalgorithmen über die Unzulänglichkeiten der Architektur und deren Beleuchtung hinwegtäuschen müssen.
Würden die Synapsen dieser AusstellungsfotografInnen sich eine kleine Eigenart erlauben, so könnten sie eine Spinne über das Graphictablet jagen, einen schweißnassen Finger darauf klatschen lassen, oder durch ein Zucken die Magic Mouse von den Anstrengungen der Beschäftigung erlösen. Dergestalt wollten sich Regenwolken, Sümpfe, Gräben in den Membranen der Realität breit machen. Der Kurator und die Galeristin in New York – oder sind sie mit ihrem iPad gerade in Mumbai? – haben keinerlei Begehr über diese Glitch (engl.; dt. Macke/Störimpuls) in den Verstehensabgrund zu versinken.
Aus dem Pressetext:
In Hinblick auf den zeitgenössischen Kunstbetrieb sind es Nebenfiguren wie AusstellungsfotografInnen, kuratorische bzw. künstlerische AssistentInnen und Aufbauhilfen, die maßgeblich zur Enderscheinung einer künstlerischen Arbeit beitragen. Als Künstler, mit zweitem Standbein in der Ausstellungs- und Reprofotografie, ist Georg Petermichl diese Positionierung als Nebenrolle sehr vertraut.
Die fotografische Dokumentation von Kunstwerken schafft die visuelle Grundlage der kunsthistorischen Rezeption im zeitgenössischen Kunstbetrieb und ermöglicht die weltweite digitale Verbreitung via Internet. Allen, die ein Kunstwerk nicht in persona betrachten können, bleibt ausschließlich die Perspektive der FotografInnen. Ihr individueller Blickwinkel ist es, der die Beschaffenheit des Werkes bzw. dessen Verankerung in der Architektur des Raumes festmacht.
Petermichls farbenprächtige und wandfüllende Wallpapers werden im digitalen Fotoprintverfahren hergestellt. Sie entstehen durch das vorherige Abfotografieren der darunterliegenden Wandteile, und dokumentieren die im Raum vorhandenen Farbstiche der vorangegangenen Ausstellung von Werner Schnelle. Auf den Fotos erscheinen die Wände vorderhand weiß, haben aber die Lichtfarbe der künstlichen Ausstellungsbeleuchtung aufgefangen, genauso wie die natürlichen und von außen hereintretenden Lichtstrahlen.
Durch die Intensivierung dieser Kolorierungen entstehen imposante Farbspiele – im Alltag der Ausstellungsfotografie helfen sie, die einzelnen Farbstiche gesondert in Photoshop neutralisieren zu können, um die Prägnanz der Kunstwerke zu unterstreichen. Den BesucherInnen ermöglichen die Wallpapers damit eine sinnliche Wahrnehmung dieser Herangehensweise, die normalerweise Nebeneffekte der abzubildenden Räumlichkeiten, wie etwa eine spezifische Ausleuchtung oder inkorrekte Farbtendenzen kompensieren würden.
Die Wandarbeiten stehen zudem als Tapetenhintergrund in Zusammenhang mit zwei langjährig angelegten Fotoserien, die Georg Petermichls Ausstellungsbeteiligung komplettieren, und die divergierenden Pole von Amateur- und Profifotografie untersuchen:
„After Pirelli“ bezeichnet eine Aktfotoserie, die eingebettet in eine mäßig attraktiv wirkende Landschaft, auf den Motorhauben von Fahrzeugen der Mittelklasse inszeniert ist. – Die Aktbilder mit wechselnden Subjekten stellen eine Annäherung an die Amateurfotografie dar, deren Spannungsmoment in der Auseinandersetzung mit den oft idealisierten und manierierten Darstellungen und den Grenzen ihrer Ressourcen liegt.
Die Plastiksäcke, die in „BAGS“ abgebildet sind, stammen aus der Sammlung des Künstlers, die er in seiner Kindheit begonnen hat. Das Sammeln von Kulturgütern stellt eine Beziehung zwischen Museumsarbeit, der Praxis von FotografInnen und affektiven Strategien der Selbstbehauptung in der Mittelschicht dar. In den Fotos werden diese Nebenprodukte, wie jene Produkte behandelt, die sie beworben und vermutlich getragen haben.
Mit gekürzten, überarbeiteten Teilen von Lara Fritz’ Ausstellungstext für SIDESHOW BOB, Tiroler Künstlerschaft, 2015.